Wie funktionieren die Covid Maßnahmen in den Gebieten?
Die seit 24. Dezember geöffneten Skigebiete in Österreich haben viele Institutionen auf den Plan gerufen und werden auch von zahlreichen Ländern kritisch beobachtet. Sogar die New York Times befasste sich jüngst mit der österreichischen Variante eines Lock-Downs. Aber ist es wirklich zu rechtfertigen, dass Schulen und Geschäfte geschlossen, Skilifte aber geöffnet haben? Wir haben einige Gebiete besucht und uns umgesehen, wie die Präventionsmaßnahmen umgesetzt und von den Besuchern befolgt werden.
Snowboarden und Skifahren sind Outdoor- und Einzel-Sportarten und als solche relativ sicher, was die Covid Ansteckungsgefahr betrifft. Zumindest solange man von oben nach unten fährt und nicht im Rudel auftritt. Die Problematik tritt eigentlich nur an den Zutrittsstellen zu Liften und Gondeln auf. Österreichs Skigebiete haben sich den Sommer über schon auf eine herausfordernde Saison vorbereitet und entsprechende Präventionskonzepte erstellt. Doch als im Oktober die ersten Bilder von unkontrollierten Warteschlangen in den Gletscherskigebieten die Runde machten und gleichzeitig die Infektionszahlen exponentiell nach oben schnellten, degradierten gratis Schlauchtücher beim Kauf einer Liftkarte maximal zu netten Give-Aways für bessere Zeiten.
Aufgrund der kurz vor dem 24.12. erlassenen neuen Verordnung der Bundesregierung mussten die Liftbetreiber rasch handeln: Die Kapazitäten in den Gondeln und Sesselliften mit Abdeckhaube müssen auf die Hälfte reduziert werden. Gleichzeitig ist eine FFP2 Maske (ohne Ventil) in allen Anstellbereichen, Gondeln und Sesselliften mit Bubble für alle Benutzer ab 14 Jahren vorgeschrieben. Kinder ab 6 Jahren müssen mit einem Schal oder Schlauchtuch Mund und Nase bedecken. Das Beherbergungsverbot unterbindet jede Art von Tourismus, was Snowboarden und Skifahren eine Angelegenheit für Lokals bzw. Tagesausflügler macht.
Klingt drastisch, ist aber verglichen mit der Tatsache, dass Restaurants, Kultureinrichtungen und sämtliche Indoor Sport- und Freizeitaktivitäten seit Monaten geschlossen haben eigentlich ein sehr geringes Übel.
In den Weihnachtsferien haben wir uns umgesehen, wie die Maßnahmen umgesetzt und vor allem angenommen werden. Die vielzitierten Bilder vom Semmering Hirschenkogel mit Menschentrauben vor den Drehkreuzen wurden mit Anstellgittern und einem beschränkten Kontingent an ausschließlich im Vorverkauf erhältlichen Tagestickets schnell gelöst. Auch in Salzburg machten einige Gebiete wie zum Beispiel der Hochkönig ab einer gewissen Besucherzahlen dicht und stoppten die Massen bereits bei der Zufahrt.
Die geringe Reichweite zu den Ballungsräumen Wien und Umgebung sind eine Herausforderung für die Gebiete im Osten Österreichs
Das Skigebiet Stuhleck auf der steirischen Seite des Semmerings ist in den Weihnachtsferien normalerweise komplett überfüllt. Unter anderem der Grund, warum man freiwillig erst am 28.12. in Betrieb gegangen ist und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen vorbereitet hat. Die ausbleibenden Gäste aus den Nachbarländern und die stark limitierten Tagestickets sorgten bei unserem Besuch unmittelbar vor Jahreswechsel für kurze Wartezeiten und angenehmen Pisten, wie man sie am Stuhleck sonst nur in der Zeit vor Weihnachten oder bei Schlechtwetter unter der Woche kennt.
Zudem erinnert bereits beim Zugang zum ersten Lift das eigens dafür abgestellte Personal jeden Gast persönlich daran, die FFP2 Maske ordnungsgemäß zu tragen. Und die haben erstaunlicherweise doch einiges zu tun, immer wieder treffen sie auf “unwissende” oder “unbelehrbare” Gäste. Korridore aus abgesteckten Netzen lange vor den Drehkreuzen, von denen jedes zweite geschlossen ist, teilen die Besucher gleich beim Anstellen auseinander und platzieren den geforderten Babyelefanten zwischen die Wartenden. Alle Abstände sind somit perfekt gewahrt, außer der Hintermann drängt aus unerklärlichen Gründen nervös auf.
Eigentlich wäre dies die ideale Saison für ein neues Board, denn es gibt absolut keine Entschuldigung, wenn Skispitzen wie Speere ins Tail rammen oder Skistecken auf dem Topsheet die Grafik verschönern.
In Tirol hofft man, bald wieder Besucher aus dem Ausland begrüßen zu dürfen
Bei Lokalaugenscheinen in den Tiroler Gebieten Alpbach, Zell am Ziller und Söll waren die Abstände relativ leicht einzuhalten, da die Frequenzen auf den Pisten und vor allem beim Anstellen sehr niedrig waren. Mindestens jedes zweite Drehkreuz war gesperrt und Korridore aus Bändern sorgten für den seitlichen Abstand.
Gute Wettervorhersagen sind Voraussetzung für belebte Pisten in Salzburg
Im Bundesland mit den höchsten Inzidenzzahlen an Corona Infizierten je 100.000 Einwohner (doppelt so hoch wie der Österreich-Schnitt) sollte man ein besonderes Bewusstsein der Ski- und Snowboardgäste erwarten. Diese Erfahrung durften wir leider nicht immer machen. Auffallend war in jedem Fall, die enorme Abhängigkeit der Auslastung vom Wetterbericht.
In Saalbach Hinterglemm hatte man sich gegen eine Öffnung der Lifte entschieden, weshalb der Betrieb ab 24.12. nur in den Partnerregionen Leogang und Fieberbrunn stattfand. Erst mit dem 7. Jänner haben ein paar wenige Bahnen in Saalbach den Betrieb aufgenommen. In einem Statement zur Nicht-Öffnung des Skibetriebes erklärten die Bergbahnen Saalbach Hinterglemm: „Die Verantwortung der lückenlosen Einhaltung der seit 23. Dezember 2020 zugestellten neuen Verordnung haben uns zu dieser Entscheidung bewogen." Für Verstöße gegen die Maskenpflicht wären die Geschäftsführer persönlich haftbar und dieses Risiko wollte man nicht eingehen.
Im Ski Amadè Verbund sind weitestgehend alle Anlagen in Betrieb. Einheitliche Tonbandansagen im Zwei-Minutentakt erinnern an das Einhalten der Sicherheitsmaßnahmen und Abstandsregeln. Je nach Gebiet werden die Leitsysteme unterschiedlich umgesetzt. Trotzdem ist es erstaunlich, dass es doch immer wieder ein paar unbelehrbare Besucher gibt, die meinen für sie gelten andere Regeln.
Am penibelsten werden die Vorkehrungen in Zauchensee umgesetzt. Hier stehen wirklich bei jedem Zugang ein bis drei Ordner und kontrollieren, ob jeder Skigast ordnungsgemäß seine FFP2 Maske trägt. Die Anstellnetze starten sehr früh und leiten die Gäste ausschließlich einzeln zu den Drehkreuzen und vor dort weiter komplett bis zum Schranken, der den unmittelbaren Zugang zum Sessellift gewährt. Familien die gemeinsam fahren möchten, müssen sich daher auch jeweils in einer eigenen Schlange anstellen. Somit ist zu 100% gewährleistet, dass die Abstände zu jeder Zeit eingehalten werden, selbst wenn viele Besucher kommen.
Mit flexiblen zick-zack Kundenleitwegen, die je nach Andrang geöffnet werden, sowie einer Menge Personal ist man in Zauchensee sehr gut aufgestellt
Fazit
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Massnahmen wie wir sie in weiten Teilen Österreichs erlebt haben im Großen und Ganzen sehr gut umgesetzt sind und von den Gästen auch mitgetragen werden. Leider gibt es wie überall ein paar Besserwisser und Ignoranten, die sich nicht an die neuen Regeln wollen. Selbst wenn die Ansteckungsgefahr im Freien und dann noch mit FFP2 Maske relativ gering sein mag, so ist es doch ein Privileg, dass die Gebiete und Lifte überhaupt geöffnet haben und wir unserem Sport und unserer Leidenschaft nachgehen können. Angesichts so vieler Branchen und Menschen die wegen Corona am Rande der Existenz stehen, ist es ein sehr wertvolles Geschenk und sollte auch als solches behandelt werden. Daher möchten wir diese Gelegenheit nutzen und daran erinnern, diese Chance nicht leichtfertig zu verspielen.
Es ist absolut nicht cool, unter einem abgesperrten Schranken durchzuschlüpfen und somit die erlaubte Auslastung am Sessellift zu überschreiten, genauso wenig wie jedes Mal aufs Maske aufsetzen „zu vergessen“. Auch ist es nicht zu viel verlangt, die Maske ordnungsgemäß zu tragen. Alibi-halber dürftig von der Goggle eingeklemmt, sodass der untere Teil 5cm vom Gesicht absteht macht eine FFP2 Maske wenig Sinn. Genauso wenig ist es intelligent, die Maske abzunehmen, um einem Kollegen drei Reihen weiter irgendetwas zuzuschreien. Gerade dann sollte man ja die Maske auflassen, um eine Aerosolausbreitung zu vermeiden. Bitte den aus der Billa Werbung bekannten Hausverstand mitbringen und einschalten!
Nur so und nur mit genügend Disziplin eines jedes einzelnen von uns werden die Gebiete offen bleiben und die verspätete Shred-Saison hoffentlich bis weit in das Frühjahr reichen.